Pressebericht zum Samstag 19. Mai 2001

Das Steelband-Meeting im 'Wallberg' entwickelt sich zusehends zum Publikumsmagnet
Kinder wie Profis wussten zu begeistern
von Arthur Phildius
erschienen im Glattaler vom 25. Mai 2001
Letztes Jahr noch viele freie Plätze, diesmal volles Haus: So hat sich das Treffen
unterschiedlichster Steelbands gemausert. Wer bei reichhaltigem kreolischen Buffet
durchhielt, wurde nicht enttäuscht.
Bis zuhinterst sind die sternförmig angeordneten Tische besetzt. Auch dort, wo sonst
die Bühne ist. Musiziert wird in der Saalmitte. Wer nicht oder zu spät reserviert
hat, muss stehen. Unter bunten Girlanden und Ballonen kosten Erwachsene, zumeist
jüngere, und Kinder vom kreolischen Buffet: Palmherzensalat mit Sojasprossen an
Limetten-Ingwer-Dressing und anderes 'Grünzeug'; karibischer Lammeintopf,
Red-Snapper-Fisch mit Kokos-Sauce oder Chicken Calypso mit Curry-Sauce; marinierte
Ananas mit Honig oder Kokos-Mousse.
So vielfältig die Speisen, so vielfältig die Musik: von der Kinder- bis zur
Profiband, vom Rockpop bis zur Volksmusik, von unerwarteten Elementen bis zum
Steeldrum-Sound, wie er in den Ohren klingt.
Von Barbados nach Barbados
Den Einstieg wagen die 'Kool Kats'. Die 7- bis 13-jährigen Kinder aus Zürich,
Brüttisellen, Thalwil und Wädenswil üben seit bis zu drei Jahren mit 'Junior'
Wilbert Gill. Und das heisst etwas. Geboren auf Barbados und aufgewachsen in
London, genoss er schon mit 14 Jahren erste Auslandsauftritte als Steeldrummer.
Seit l989 wirkt der heiter gestimmte Man in der Schweiz.
Statt die Kinder übermässig in Szene zu setzen, erreicht er mit ihnen ein hohes
Niveau. Ein voller Klang und fetzige Rhythmen sorgen für erste Applaussalven des
Abends. Aber das ist noch kein Vergleich zu Barbados: Letzen Oktober nahmen dort
in einem Stadion 13 'Kool Kats' am 1. Jugend Steelband Festival 'Pan in Paradise'
teil. Von wegen Jugend: Die übrigen Musizierenden war 10 bis 15 Jahre älter.
Erst recht aber, so berichtet Leiterin Margrith Fischer im Web
gabs herzlichen Applaus und ein trotz Widerwärtigkeiten sicheres Spiel: "Die
ganze Gruppe spielte mit (...) einer Lust, die alle Zuhörer berührte. Diese
Hingabe wurde mit dem 4. Platz belohnt."
"Es tönt so schön"
Tobias (10) und Sonja (8) aus Wädenswil reisten mit den 'Kool Kats' nach Barbados.
'Glattaler': Da seid ihr bei einer Kinder-Steelband und dürft gleich nach Barbados. Ein Genuss?
- Sonja: Der Flug nicht so, weil mir schlecht wurde, aber die Familienferien und der Auftritt schon.
Eigenartig war: Du, Tobias, musstest euer Teststück alleine spielen.
- Tobias: Ja, es war ein Stück, das nur ich kommte, und das ziemlich schwierig war.
Mit einem Amerikaner zusammen gelang mir der Auftritt aber trotz einer starken Ohrenentzündung.
Doch ich war noch nie im Leben so aufgeregt!
Aber ihr spieltet auch zusammen?
- Tobias: Ja, Stücke wie 'Popcorn' oder 'Green Sleeves', die weniger stark benotet wurden.
Wie seid ihr eigentlich auf dieses Instrument gekommen?
- Tobias: Unsere Eltern spielen seit 15 Jahren in einer Band. Zum Geburtstag möchte ich das auch lernen.
Es ist weinger häufig als Keyboard, Schlagzeug oder Flöte.
- Sonja: Auf der Flöte hätte ich zuwenig Schnauf. Als Tobias zu Hause übte, tönte es immer so schön.
Was sind eure Pläne?
- Sonja: Ich möchte, dass wir die beste Steelband der Welt werden.
- Tobias: Ich möchte zum 'Swiss National Steel Orchestra', das unser Lehrer gegründet hat.
Stählerner Schweizer Psalm
Doch zurück in heimische Gefilde. Meeting-Organisator Peo Oertli aus Schlieren und
seine 'Selection' helfen dabei mit Schweizer Fähnchen, Bassgeige, Talerschwingen
in der Steeldrum und ihrem speziellen 'Schweizer Psalm'. Sie spielen eine bunte
Mixtur. Mit dabei in einem Stück: Ivan Gehri. "Isch es stressig gsi?" fragt Oertli
nachher fürsorglich. "Nei." "Ivan besucht den zweiten Kindergarten und kann schon
ein Stück mitspielen."
[Originalton: "Isch es lässig gsi", "Ja!"]
Erneut ein markanter Stilwechsel: 'Junior Edwards & Band' beweisen ihr Motto
'Music is feeling'. Häufig befühlt nur Junior ein Steelpan, dazu legen die anderen
Profis mit Piano, Gitarren und Schlagzeug einen Sound vor, der keinen ruhig sitzen
lässt. Am meisten begeistert Mark Brazil aus Tansania [USA!] mit seinen wirbligen
Conga-Soli, die ihresgleichen suchen.
Let's party!
Danach wird gefeiert, zuerst mit seiner Musik, dann mit Geburtstagstorte und einer
erheiternden Fotorevue auf Grossleinwand: Ralph Richardson, ein bunter
Paradiesvogel, setzt sich seit 20 Jahren für die Schweizer Steeldrum-Szene ein.
Zuvor war der auf Trinidad und Tobago Aufgewachsene ebenso lange in England. Sein
Anliegen sind Workshops für Kinder und Erwachsene, die Jugendsteelband 'Steel
Magic' (Glattaler, 9. Juni 2000
) sowie
anspruchsvolle Arrangements, jedem auf den Leib geschrieben. Richardson ist
gerührt und darf sich zweimal 'Birthday Party' mit seiner dafür stark erweiterten
Band 'Off Beat' anhören. Junior Edwards leitet die 20 Köpfe mit viel Temperament.
Von Funk über Latin zu Samba, Salsa, Calypso und Bossa Nova: So vielseitig und
groovig klingt der lange Abend mit der karibisch-amerikanisch-schweizerischen
"David Henry's Band" ['Outer Limits'] aus.
siehe auch:
Bands 2001